Ein halbes Jahrhundert im Dienst der Wissenschaft

Volker Maria Geiß, ehemaliger Geschäftsführer der Max-Planck-Institute für Informatik und für Softwaresysteme, feiert seinen 70. Geburtstag. In seiner über 50-jährigen Karriere war er an der Gründung von insgesamt vier Max-Planck-Instituten beteiligt, hat dabei einen neuen Forschungsbereich in der Max-Planck-Gesellschaft mit etabliert und viele Impulse für das saarländische Wissenschaftssystem geliefert. Mit 70 Jahren blickt er auf eine Laufbahn zurück, die von seiner Leidenschaft für die Wissenschaftsförderung und dem Aufbau erfolgreicher Forschungsinstitute geprägt ist.

Volker Geiß fällt auf. Durch seine gut gelaunte und offene Art und durch sein adrettes Äußeres. Ein Friseurtermin steht ein Mal im Monat fest im Terminkalender. Er trägt eine markante, modische Brille, ein lässiger Schal und knalliges Schuhwerk lassen sein Alter vergessen. Man könnte meinen, er will die Blicke auf sich ziehen - aber in seiner mehr als 50-jährigen Karriere in der Wissenschaftsverwaltung folgte er erfolgreich einer anderen Maxime: "Als Verwaltungschef will man eben nicht auffallen, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen ganz klar im Mittelpunkt. Ich habe meinen Beitrag stets im Hintergrund geleistet und versucht, Dinge möglich zu machen", eröffnet Geiß das Gespräch im Informatik-Café auf dem Saarbrücker Uni-Campus, den Blick auf seine ehemaligen Wirkungsstätten gerichtet.

Geboren in St. Wendel, begann er seine Karriere mit der mittleren Reife, absolvierte auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur und schloss danach ein Verwaltungsstudium ab. Inspiriert durch seinen Onkel, der an der Universität arbeitete und stets von der "liberalen und weltoffenen Atmosphäre" schwärmte, trat Volker Geiß 1. August 1972 seine erste Stelle an der Universität des Saarlandes an. "Die Arbeit dort gefiel mir, vor allem, weil ich mich mit der Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft sehr gut identifizieren konnte. Ich hatte das Gefühl, etwas sinnvolles zu tun", sagt Volker Geiß. So blieb er 18 Jahre lang an der Saar-Uni, zuletzt in der Position als stellvertretender Haushaltsreferent.

Ende der 1980er Jahre hörte er von der geplanten Gründung eines Max-Planck-Instituts auf dem Campus der Universität - eine Gelegenheit, die er nicht verstreichen lassen konnte. "Das Renommee der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) war für mich sehr spannend. Die MPG gehört international zu den erfolgreichsten Wissenschaftsorganisationen und in einer so elitären Institution arbeiten zu dürfen, hat mich schon damals gereizt. Da hatte ich das Gefühl einen echten Beitrag leisten können", sagt Geiß. Schließlich bewarb er sich bei Gründungsdirektor Kurt Mehlhorn um die Stelle des Verwaltungsleiters und wurde eingestellt.

Die Arbeit am Max-Planck-Institut für Informatik stellte Geiß vor neue Herausforderungen. "Es war das erste Max-Planck-Institut, das sich mit Informatik beschäftigte. Es begründete also einen neuen Wissenschaftsbereich innerhalb der MPG und wir mussten deshalb alle Prozesse und die Ressourcenplanung von Grund auf neu denken und etablieren", erinnert sich Geiß. "Wohin die Reise mit Blick auf Rechenanlagen und dergleichen gehen wird, war damals schwer absehbar. Aber wir mussten es einpreisen", sagt er.

Nachdem das MPI für Informatik erfolgreich etabliert worden war, kam im Jahre 2004 die nächste große Aufgabe auf ihn zu. "Inzwischen hatte der Saarbrücker Campus eine kritische Masse an Informatikkompetenz erreicht. Diese sollte nun durch die Ansiedelung eines weiteren Max-Planck-Instituts untermauert werden", erinnert sich Geiß. Als Ergebnis wurde das Max-Planck-Institut für Softwaresystemen gegründet, mit gleich zwei Standorten: in Saarbrücken und Kaiserslautern. Volker Geiß war maßgeblich an der Einrichtung beider Standorte beteiligt. Er beaufsichtigte als Ansprechpartner des Instituts die Planung und den Neubau beider Gebäude, setzte die Verwaltungsabteilungen an beiden Standorten auf und arbeitete eng mit den Universitätsleitungen an beiden Standorten zusammen, um das Institut a auf den Weg zu bringen. Mit der Gründung des MPI für Softwaresysteme erweiterte sich seine Verantwortung und er wurde technischer und administrativer Geschäftsführer der gemeinsamen Verwaltung beider Institute. "Ich habe mich immer als Dienstleister verstanden. Es ging darum, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die bestmöglichen Bedingungen zum Forschen zu schaffen ", sagt er. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm der enge Austausch mit dem Gründungsdirektor des MPI für Softwaresysteme, Peter Druschel, in der Anfangszeit des Instituts. "Obwohl Druschel damals in an der Rice University in Texas arbeitete und seine Anfragen wegen der Zeitverschiebung nachts bei uns eingingen, habe ich stets sofort geantwortet. Ich glaube das hat ihm gezeigt, dass wir es hier ernst meinen", schmunzelt Geiß.

Ein weiteres Herzensprojekt von Volker Geiß, das inzwischen ein eigenes Gebäude auf dem Saarbrücker Uni-Campus hat, ist die Campusbibliothek für Mathematik und Informatik - eine einzigartige Kooperation der Universität des Saarlandes, der beiden Max-Planck-Institute und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI). Für ihn ist die Bibliothek ein Symbol für die enge Partnerschaft auf dem Campus. "Die Verzahnung unserer Institute mit der Universität ist etwas Besonderes und in der deutschen Wissenschaftslandschaft nicht alltäglich. Meiner Meinung nach kann ein Standort nur funktionieren, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Deshalb habe ich immer Wert darauf gelegt, dass die Institute auch organisatorisch eng mit der Universität zusammenarbeiten", sagt er.

Bis 2022 leitete Geiß die gemeinsame Verwaltung der Max-Planck-Institute für Informatik und für Softwaresysteme. Seine mehr als 30-jährige Tätigkeit an den Instituten beschreibt er rückblickend als "Berufung". "Wissenschaft und Forschung sind für unsere Gesellschaft essenziell. Ohne sie gibt es keinen gesellschaftlichen Fortschritt. Das ist mein Antrieb, mein möglichstes dafür zu tun, die Wissenschaft zu fördern. Deshalb war es mir stets eine Ehre, für die Max-Planck-Gesellschaft arbeiten und die Wissenschaft durch Verwaltungsarbeit unterstützen zu dürfen", sagt er.

Diese Leidenschaft nimmt man ihm ab: Im Laufe seiner Karriere war Geiß an der Gründung von insgesamt vier Max-Planck-Instituten beteiligt: neben dem MPI für Informatik in Saarbrücken und dem MPI für Softwaresysteme in Saarbrücken und Kaiserslautern auch bei einem inzwischen in die Universität Luxemburg integrierten rechtswissenschaftlichen MPI sowie dem MPI für Sicherheit und Privatsphäre in Bochum. Außerdem wirkte er beratend in der Gründungsphase des CISPA Helmholtz-Zentrums für Informationssicherheit mit. Und obwohl Geiß eigentlich schon im Rentenalter ist, engagiert er sich bis heute weiter für die Wissenschaft: Aktuell arbeitet er auf persönliche Anfrage hin als CEO am Aufbau des ELLIS-Instituts in Tübingen mit, einem weiteren "wissenschaftlichen Kleinod der Glückseligkeit", wie er es selbst nennt - ausgestattet mit einer Grundfinanzierung von rund 125 Millionen Euro. Der späte Ruf aus Tübingen sei für ihn "wie ein Ritterschlag" gewesen und habe ihm noch einmal gezeigt, dass seine Arbeit auch über die Grenzen des Saarlandes hinaus wahrgenommen und wertgeschätzt würde. Aber seiner Heimatregion ganz den Rücken kehren kann und will er nicht. "Wenn mein Vertrag in Tübingen im nächsten Jahr endet und eine geeignete Nachfolge gefunden ist, kehre ich gerne wieder ins Saarland zurück."